Aus dem Flüchtlingslager ins Schloss von Versailles

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Aus dem Flüchtlingslager ins Schloss von Versailles

Politik, das sind nicht nur die da oben, sondern sie wird von Menschen unter uns gemacht. Dies wurde am Dienstag deutlich als der ehemalige Bügermeister von Osthofen und langjährige Bundestagsabgeordnete Klaus Hagemann mit Pfarrer Dr. Ralf Stroh vom kirchlichen Zentrum für gesellschaftliche Verantwortung sprach. Hagemann erzählte von seinem persönlichen und politischen Werdegang. Die Familie verließ die DDR als er ein Kind war: "Sie sind abgerückt. So sagte man das damals", erläutert Hagemann. Im Westen war es zuerst sehr schwierig, auch wenn es von Flüchtlingslager zu Flüchtlingslager immer besser wurde. Früh schon war er kirchlich engagiert: er half dem Küster und war dann in der evangelischen Jugend Osthofen aktiv, wo die Familie eine neue Heimat gefunden hat. Politisch wurde es dann Ende der 60ger Jahre: "Ich bin ein 68ger. Damals bin ich in die SPD eingetreten," so Hagemann.

Das Gespräch fand aus Anlass des 75jährigen Jubiläums des Grundgesetzes statt - als Kooperation von Evangelischer Kirchengemeinde und der Stadt Osthofen. Im Grundgesetz sind für Hagemann die Grundwerte wichtig: "Sie haben Ewigkeitscharakter", können also nicht verändert werden. Zentral für ihn ist der erste Artikel: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." "Das", so Hagemann, "gilt nicht nur für Deutsche!" Danach kommt für ihn das Sozialstaatsgebot und das Widerstandsrecht, falls der Staat versuchen sollte, die Grundrechte außer Kraft zu setzen. Überhaupt wurde deutlich, dass für Hagemann Politik vom Menschen her zu denken ist, seinen Nöten und Bedürfnissen und im Gespräch mit Menschen, deren Leben man teilt, so fasste Ralf Stroh die christliche Haltung zusammen. Und da viele Weggefährtinnen und Wegefährten Hagemanns gekommen waren, konnte man dieses Miteinander auch hautnah erleben.

Hagemann sprach sehr offen über die Notwendigkeit von Kompromissen und den Nöten, manchmal schnell entscheiden zu müssen, wenn man Konflikten länger aus dem Weg gegangen sei. Er blickte auch auf Lernprozesse zurück, bei denen die Kirchen eine entscheidende Rolle gespielt haben: "Als das mit der Umweltbewegung aufkam, da habe ich die für Spinner gehalten. Wie viele damals. Als dann die Kirchen aber dann viel von Gottes guter Schöpfung gesprochen haben, habe ich begonnen das anders zu sehen".

Auch eigene Fehler räumte Hagemann ein, manche Entscheidung würde er heute so nicht mehr treffen und wurde konkret: Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, "dem habe ich damals nur mit Unbehagen zugestimmt. Aber ehrlich: ich wollte mich damals nicht gegen Schröder stellen."

Heute, so Hagemann, wolle er nicht mehr im Bundestag mitarbeiten. Anders als früher, wo über Fraktionsgrenzen hinaus eine kollegiale bis freundschaftliche Zusammenarbeit vorgeherrst habe, sei heute der Ton extrem rau geworden, gerade von Seiten der AfD. Im Plenum nehme er eine aggeresive Atmosphäre wahr.

Sein größter Moment sei ein Besuch bei der französischen Nationalversammlung gewesen. Die französischen Parlamentarier haben ihre deutschen Kollegen im Schloss von Ludwig XIV. in Versailles empfangen: "Der Klaus Hagemann da wo der Sonnenkönig residiert hat", erinnerte sich Hagemann, für ihn der emotionalste Moment seiner politischen Karriere, wo ihm Wert der Demokratie emtinal sehr deutlich geworden sei.

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