Schreinerei Wahl
Johann Georg Wahl – kunstreicher Schreinermeister zu Osthofen (1702-1773)
Am 6. Oktober 1995 feierte die Evangelische Kirchengemeinde Osthofen das Jubiläum der 250-jährigen Grundsteinlegung zur oben beschriebenen Erweiterung der Bergkirche durch das Barock-Langhaus mit einer Ausstellung für den Erbauer der Kanzel, Johann Georg Wahl (1702-1773). Er, ein begabter Kunstschreinermeister seiner Zeit, stammte von Geburt aus Wemlinghausen bei Bad Berleburg in der damaligen Grafschaft Sayn-Wittgenstein. (Der Chronist Johann Weißheimer spricht hier allerdings, möglicherweise irrtümlich, von „Wömlichhausen in Hessen-Cassel“.) Er war verheiratet mit Anna Margaretha Holdefer aus Westhofen. Das Wohnhaus der Familie, zu der acht Töchter und ein Sohn gehörten, stand in der damaligen Obergasse, heute: Salzgasse/Ecke Friedrich-Ebert-Straße (Malergeschäft Drabe). Möglicherweise war im selben oder im Nachbarhaus noch das Gasthaus „Zum Löwen“ (spätere Apotheke) untergebracht, in dem Wahl auch als Wirt tätig war.
Wahl fertigte hauptsächlich Möbel und wurde hierzu auch von verschiedenen Fürstenhäusern Europas beauftagt. Seine Möbel stehen heute in wichtigen Museen in Europa und Übersee und weisen ihn damit als Künstler von internationalem Rang aus.
Schränke von ihm stehen in Berchtesgaden (Wittelsbacher Ausgleichsfonds), Wien, Mannheim (Städt. Reiß-Engelhorn-Museum) und Newark (New Jersey/USA); ein Lesepult mit hebräischer Inschrift steht im Historischen Museum der Pfalz, Speyer, ein Tisch im Kurpfälzischen Museum Heidelberg. Es handelt sich fast sämtlich um wertvollste Intarsienarbeiten.
Die Ausstellung brachte wichtige Erkenntnisse über das Werk des Meisters, zu dessen Gedächtnis am Jubliäum der Grundsteinlegung eine Tafel an seinem früheren Wohnhaus angebracht wurde: So tauchte ein farbiges Porträtbild Wahls auf, und es fanden sich Spuren zu heute noch lebenden Nachfahren.
Auch die Kanzel wurde bei dieser Gelegenheit neu ins Licht gerückt. Wahl wollte sich hier in besonderer Weise verewigen und schuf ein einzigartiges Kunstwerk: Die Kanzel ist, im barocken Stil jener Zeit, ganz aus Holz geschnitzt, die Kassetten im Pfarrstuhl sind jeweils aus einem Stück Holz gefertigt.
Der Prediger, der durch die Tür zum Kanzelaufgang hindurchgeht, schreitet unter einem Gemälde vom Fischzug des Petrus hindurch, jedes Mal an das Jesus-Wort erinnert: „Fürchte dich nicht! Von nun an wirst du Menschen fangen“ (Lukas-Evangelium 5, 10). Der Schalldeckel der Kanzel stammt übrigens nicht von Wahl selbst, sondern von Johann Friedrich Geiger, der zur gleichen Zeit die Kanzel der unten im Dorf gelegenen St. Remigius-Kirche der katholischen Gemeinde fertigte.
Das Kirchenschiff von 1745 – wie es sich im wesentlichen noch heute präsentiert – lässt sich folgendermaßen beschreiben: Das Langhaus, als barocke Halle errichtet, hat insgesamt acht schlichte Rundbogenfenster, die durch einfache eingestellte Rundstäbe profiliert sind. Je drei Fenster gliedern die beiden Längsseiten und zwei die Westwand. Eine gleichartig gestaltete Rundbogentür befindet sich in der Zentralachse der Westseite; ein weiterer Zugang westlich des Turms in der Nordwand, der die Inschrift „1745 I.C. STEYMANN HT. INSP.“ auf dem Schlussstein trägt.
Der Westgiebel trägt drei, der Ostgiebel zwei Querovale, als „Ochsenauge“ bezeichnete schlichte Lichtöffnungen.
Auf der Außenseite schließt das Kirchenschiff an beiden Westecken mit vorgelegten Wandpfeilern und dazugehörigen schlichten Kapitellen ab. Ebenso ist die Südwand nach Osten hin mit einer gleichartigen Pfeilervorlage und Kapitell versehen.
An der Nordwand hingegen wird auf eine solche Vorlage zugunsten des Glockenturmes verzichtet.
Nachstehende Zeichnung – gefertigt von dem damals 12jährigen Osthofener Chronisten Johann Weißheimer (1797-1883) – kommt dem Original-Zustand von 1745/47 zeitlich am nächsten und wurde daher für die Gestaltung einer Gedenkmünze verwendet, die im Jubiläumsjahr 1997 („250 Jahre Wiedereinweihung der Bergkirche“) geprägt wurde.
Die Kanzel der Bergkirche von Joh. Gg. Wahl (1747)
Schalldeckel mit Pelikan von Johann Friedrich Geiger
Zeichnung von Julius Grünewald, Westhofen, nach der Vorlage einer 1750 entstandenen Darstellung Joh. Gg. Wahls auf dem sog. „Sträflingsschrank“ (heute im Schloß Berchtesgaden). Dieses Wappen ziert auch die 1995 am früheren Wohnhaus Wahls angebrachte Gedenktafel