Der Himmel öffnet sich jedes Jahr einen Spaltbreit weiter

Der Himmel öffnet sich jedes Jahr einen Spaltbreit weiter

Der Himmel öffnet sich jedes Jahr einen Spaltbreit weiter

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Der Himmel öffnet sich jedes Jahr einen Spaltbreit weiter

Ein Gruß aus „zwischen den Kirchenjahren“. 

In diesem Moment, in dem ich diese Zeilen zu Ihnen schreibe, befinden wir uns kirchlicherseits bereits „zwischen den Jahren“. Mit dem Ewigkeitssonntag, an dem wir traditionell Kerzen anzünden und unserer Verstorbenen gedenken, endet das alte Kirchenjahr und mit dem 1. Advent beginnt dann das neue Kirchenjahr.

Für mich ist es immer wieder eine ganz besonders intensive Zeit, diese Phase, in der sich das alte Jahr dem Ende zuneigt. Denn die dunklen Abende und Nächte erinnern auch mich an so manche dunkle Stunde in meinem Leben, an so manchen Verlust, den ich erlitten habe, an viele Momente der Anfechtung und des Zweifels, und auch an einige traurige Erinnerungen, die mir einen Schauder über den Rücken laufen lassen. Zudem sind wir mit einer düsteren und angsterregenden Lage in der Welt konfrontiert. Die Kriege in Osteuropa und dem Nahen Osten nehmen kein Ende. Gesellschaften spalten sich. Die Grenzen zwischen Gut und Böse scheinen zunehmend zu verschwimmen. Viele Menschen fühlen sich orientierungslos. Hetze, Ausschreitungen und Gewalt gegenüber Menschen jüdischen Glaubens, muslimischen Glaubens und vieler weiterer gesellschaftlicher Minderheiten nehmen zu. Irgendwie fühlt es sich dieses Jahr besonders dunkel und düster an: das Ende des Jahres.

Doch wir als Christinnen und Christen haben all der Schwarzmalerei etwas entgegen zu halten. Aus kirchlicher Sicht ist das Ende des Jahres eine hoffnungsvolle Zeit heilsamer Erwartung und Verheißung, in welcher der „Himmel“ durchlässig wird für das Hier und Jetzt – für unser Leben. Eine Zeit, in der sich die Tür zum Reich Gottes einen Spaltbreit öffnet und ganz viel Licht herein lässt. Heilsames Licht für alle, die sich darin bergen möchten!  

O Heiland, reiß die Himmel auf, Herab, herab, vom Himmel lauf, Reiß ab vom Himmel Tor und Tür, Reiß ab, wo Schloß und Riegel für!   

Schon im 17. Jahrhundert fasste es Friedrich Spee so in Worte, was eigentlich nicht zu fassen ist: Advent und Weihnachten. Der Himmel öffnet sich. Gott wendet sich uns zu.   

Christina Brudereck bezeichnet diese Zeit am Jahresende in ihrem kraftvollen und poetischen Adventsbuch (letztes Jahr erschienen) kurzerhand als „Weltjahresbestzeit“ – eine sehr schöne und treffende Formulierung, wie ich finde (und eine klare Kaufempfehlung meinerseits!).

„Weltjahresbestzeit“ – und diese beginnt genau genommen schon am Ewigkeitssonntag. Denn auch dieser zeugt von ganz viel Licht und Kerzen.   

Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lichter brennen.

Am zurückliegenden Sonntag haben wir gemeinsam mit den Menschen Gottesdienst gefeiert, die in diesem Jahr einen geliebten Menschen verloren haben. Auch die Konfis (Konfirmandinnen und Konfirmanden) waren am Gottesdienst beteiligt. Sie haben für alle Verstorbenen, dessen Namen verlesen wurden, Kerzen angezündet und mit diesen Kerzen wurde dann vorne auf einem Tisch ein großes und hell leuchtendes Kreuz geformt.

Und es gab noch mehr…

Im Vorfeld hatten wir uns auch im Konfi-Unterricht mit der Frage beschäftigt, wie es wohl dort aussehen könnte, wo unsere Verstorbenen nun sind…Was verbirgt sich hinter der Tür zum „Himmel“? Wie geht es nach dem Tod weiter?

Die Konfis haben sich ihre ganz eigenen Gedanken dazu gemacht und haben ihre Ideen und Vorstellungen dazu künstlerisch dargestellt. Gemeinsam haben wir eine „Himmels“-Tür gestaltet (siehe Abbildung oben). Genauer genommen müsste man eigentlich von der „Heavensdoor“ sprechen.  

Die Jugendlichen haben kleine „Kacheln“ gestaltet mit ihren persönlichen Bildern von Gott. Diese „Kacheln“ bilden den „Türrahmen“…                 

Das Kunstwerk, das dabei entstanden ist, steckt, so finde ich, voller Hoffnung und voller Trost! Ich möchte ein paar Dinge mit Ihnen teilen, die mich persönlich ansprechen, die mir viel Kraft und Trost in diesen Zeiten geben. Zugleich lade ich Sie ein, Ihre ganz eigenen Entdeckungen mit diesem Kunstwerk zu machen…

Wenn ich die Tür betrachte, dann fällt mir zunächst auf: Sie ist vielleicht gar nicht vollständig verschlossen und versiegelt, sondern sie könnte zumindest einen spaltbreit offen sein…Da ragt ein goldener Engelsflügel seitlich herein… Helle Lichtstrahlen brechen durch das Schlüsselloch hindurch…Grüne Weinranken wuchern durch die Spalten des Türrahmens herein, schlängeln sich an der Tür entlang. An ihnen blüht etwas auf…Die Blüten ziehen weitere Risse in die Tür hinein. Auch da kommen Lichtstrahlen hindurch…Ich stelle mir vor: Ganz viel Licht ist da hinter der Tür! Gottes Zukunft, Gottes ewiges Reich…Es strahlt schon in unsere Welt hinein! Oder man könnte auch sagen: Es weihnachtet sehr!  Die „Gotteskacheln“ der Konfis am Rand…Ich finde, Sie zeugen davon: Gott wendet sich uns zu, kommt in unser Leben und unsere Welt hinein. Damals wie heute: eine Welt voller Aufruhr und Krisen.

An düsteren und traurigen Tagen - und von denen gibt es auch für mich in letzter Zeit wieder so einige… Da zünde ich eine Kerze an und bete zu Gott. Das ist wie Balsam für meine angestaubte und angekratzte Seele! Ich weiß mich verbunden mit denen, die schon gegangen sind, meinen Großeltern. Manchmal habe ich das Gefühl, sie sind mir im Herzen sehr nahe und begleiten mich weiterhin auf den Wegen, die vor mir liegen – so wie Engel, deren Engelsflügel ja vielleicht auch aus dem Himmel in diese Welt hineinragen. Häufig kann ich ihre Kraft und Weisheit nur zu gut gebrauchen.  

Was auch immer hinter dieser Tür zum „Himmel“ ist…Es verspricht, gut zu werden! Menschenskinder, Gotteskinder, Tiere, Engel, Pflanzen und Weinstöcke, Gärten und Flüsse, Berge…und auf jeden Fall Licht, ganz viel Licht!

Die Botschaft des Advents richtet sich darauf, dass diese zukünftige Welt dort jenseits der Tür immer wieder durchlässig wird für das Hier und Jetzt…für unser Leben.

Unser Vertrauen richtet sich darauf, dass der Himmel sich jeden Tag einen klitzekleinen Spalt weiter öffnet und Licht hineinlässt…Himmelslicht…Licht für diese Welt. Licht für uns alle!

Eine gesegnetes kirchliches "zwischen den Jahren" und eine besinnliche Adventszeit  

wünscht Ihnen 

Ihr Pfarrer Lukas Berkenkamp    

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